Yasmeen Lari: Bauen für die Zukunft

05.04.23

Die Ausstellung „Yasmeen Lari. Architektur für die Zukunft“ im Architekturzentrum Wien zeigt erstmals Yasmeen Laris außergewöhnliches Werk, von den modernistischen Anfängen der 1960er Jahre über ihre Zeit als Stararchitektin bis zur aktuellen humanitären Architektur, die auf Dekolonialisierung und Dekarbonisierung beruht.

„Wir müssen alles neu denken, und wir müssen es jetzt tun”, sagt die über achtzigjährige Architektin, die im Sommer 2022, als ein Drittel von Pakistan überflutet war, unermüdlich architektonische Katastrophenhilfe leistete.

Yasmeen Lari: Anfänge

Yasmeen Lari zählt zu der ersten Generation postkolonialer Architekten in Pakistan. Der südasiatische Staat existiert seit 1947 als unabhängiges Land, nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft und der Trennung von Indien. Im Jahr 1964 eröffnete sie als erste Frau in Pakistan ein Architekturbüro.

Für ihre Generation bedeutete Bauen Nationenbildung: neue Gebäude, Infrastrukturen, Nachbarschaften, ganze Städte wurden geplant und errichtet.

Laris Haus in Karachi, das 1973 fertiggestellt wurde, gilt als internationale Ikone des Brutalismus. Sie lebt und arbeitet bis heute darin.

Die Architektin im humanitären Einsatz

Das 7,6 auf der Richter-Skala starke Erdbeben von 2005 machte Millionen von Menschen in Afghanistan, Indien und Pakistan obdachlos. Und es machte Yasmeen Lari zu einer Dienerin der Humanität. Doch seit den katastrophalen Fluten in Pakistan, 2010 und 2022, begreift Yasmeen Lari Architektur für die Zukunft als Klima-Aktivismus.

Sie initiierte die weltweit größte Zero-Carbon-Selbstbau-Bewegung. Nach den Plänen von Yasmeen Lari haben Menschen im Selbstbau zehntausende flut- und erdbebensichere Häuser, sanitäre Infrastrukturen und Gemeinschaftseinrichtungen aus klimaneutralen Materialien wie Bambus und Lehm errichtet. Diese wurden von Menschen erbaut, die ihr Zuhause verloren hatten, viele von ihnen landlos und von Armut betroffen.

Würdige Lebensbedingungen und die Erhaltung der Umwelt sind Laris wichtigsten Anliegen.

Materialökologien: Das Lokale bauen

In Anlehnung an die Arbeiten anderer, wie z. B. des ägyptischen Architekten Hassan Fathi, begann Lari in den frühen 1970er Jahren, Lehm als Baumaterial zu erforschen. Später, in ihrer humanitären Arbeit, wurden Lehm, Kalk und Bambus zu den „Lari-Materialien“.

In Anbetracht des Ausmaßes des weltweit benötigten Wohnungs- und Infrastrukturbedarfs, setzt Lari auf Vorfertigung und Low-Tech-Serienfertigung aus CO2-armen Materialien.

„Es geht darum, welche Methode die kostenschonendste, sicherste und ökologischste ist, und diese dann massenhaft in Umsetzung zu bringen”, so Lari.

Die Aussstellung „Yasmeen Lari. Architektur für die Zukunft“ ist noch bis 16. August 2023 im Architekturzentrum Wien, Ausstellungshalle 2, Museumsplatz 1, 1070 Wien zu sehen.

Bildnachweis: Archiv Yasmeen Lari / Architekturzentrum Wien